Vortrag Professor Dr. Hartmann (Ansbach) am 19.9.2002 in Roth-Eichelberg.
Ankündigung durch Frau Erika Schöll, Borreliose SHG Franken, Birkacher Hauptstr. 12, 91154 Roth, Tel. 09176 ? 1528.

Neues Therapieprinzip bei Lyme-Borreliose durch Behandlung der Neurotoxine.

Professor Hartmann stellt das Buch "Desperation Medicine"(Medizin der Verzweiflung) von Dr. Ritchie Shoemaker vor (siehe  Kopie seiner Zusammenfassung):
Im Gegensatz zu dem was bisher angenommen wurde, nl., dass die Borreliose Beschwerden nur durch die Spirochäten selbst verursacht wird und die daher immer weiter bekämpft werden müssen, meint Dr. Shoemaker, dass es die durch Borrelien freigesetzten Toxine (Gifte) sind, die (persistierende) Beschwerden hervorrufen.

Die Neurotoxine binden sich an Fettmoleküle und wandern damit durch den ganzen Körper. Insbesondere fetthaltige Organe sind betroffen, vor allem das Gehirn. Der Begriff Neuro-Borreliose sei dadurch obsolet, denn das Gehirn sei immer mit betroffen. Es gibt keine Lyme-Borreliose ohne Gehirnbeteiligung. Daher fiele die Notwendigkeit einer Liquorpunktion auch weg.

Jede Zecke legt 2000-3000 Eier, die schon infiziert sein können.  Weil in jedem Stadium die Zecke Blut saugen muss, können auch die kaum erkennbaren Larven schon infizieren. Eigentliche Infektionsträger sind meistens Mäuse, wo die Zecken sich beim Saugen infizieren. Man schätzt, dass 5% der Larven infektiös sind; 20% der Nymphen und 40% der adulten Zecken.
Die LB kann sich zu einer Volksseuche entwickeln, die Fälle nehmen sehr zu. Zecken übertragen die LB oder/und die FSME. Nur gegen die FSME kann man sich impfen lassen. Das ist sinnvoll, wenn man in die betroffenen Gebiete reist. Das Impfrisiko ist heute viel geringer.

Prof. Hartmann bespricht die Zeckenentfernung. Er hält nichts von den "Plastik" Zeckenzangen, empfiehlt eher eine vernünftige, spitze Edelstahl-Zange. Dass es keine Infektionsgefahr innerhalb des ersten Tages geben soll, sieht er als sehr fragwürdig. Stichstelle über Monate beobachten! Das EM kann sehr blass sein und sich auch noch nach 2 Monaten entwickeln.

Er weist auf die Sinnlosigkeit der sofortigen Blutuntersuchungen nach dem Stich hin. Cortison oder andere Antiphlogistika (Entzündungshemmer) beeinflüssen auch die Antikörper(AK)-Reaktion (Cortison unterdrückt das Immunsystem-caw). Es hat laut Prof. Hartmann keinen Sinn innerhalb 6 Wochen nach einem Stich/Erscheinung des EM eine AK-Bestimmung zu machen. Er betont, dass 70% der Stiche nicht gespürt werden und dass ein negativer Befund nicht von einer LB freispricht. Deshalb sei die neue Methode eine große Hilfe.

Er bespricht Therapiemöglichkeiten. Antibiotika wirken nur während der Teilungsphase der Bakterien, die bei der Borrelia sehr langsam ist. Er empfiehlt in Stadium I Doxycyclin als Mittel der Wahl, weil Penicillin eine kürzere Halbwertzeit hat. Mindestens 2x tägl. dosieren; nach neuesten Erkenntnissen eher 2 x 200 mg über mindestens 3 Wochen. Auch bei Unverständnis seiner Kollegen diesbezüglich, sollten Patienten dies sicher stellen.

Die vielfältige, wechselnde Symptomatik in Stadium II wird besprochen. Nackenschmerzen sind ty-pisch, erhebliche Kopfschmerzen, Schwitzen, Nervenschmerzen, die sich in der Nacht entwickeln, auch Schmerzen an der Stichstelle, Gelenke,  u.s.w.
Als Probleme bei Rocephin i.v. sieht er die Bildung von Gallensteinen; er selbst hatte es 2 x mal und musste sich sogar operieren lassen (Verschluss) . Deshalb sei eher Claforan einzusetzen, was aber 2 x tägl. mindestens infundiert werden müsse. Es erreiche aber z.B. keine Zysten, weil die eine andere ph-Wert haben, die dann für Rezidive, neue Schübe sorgen. Manche Patienten haben mehrere Therapien ohne befriedigenden Erfolg hinter sich.

Dr. Shoemaker hat mehrere Krankheiten gefunden, die Neurotoxine bilden und deren "Opfer" ihre Beschwerden trotz vernünftiger Therapie nicht los werden. Ein Kollege, Dr. Hapnell hat das LB-Toxin erforscht und charakterisiert. Die Ausscheidung geschieht über die Gallenflüssigkeit (entero-hepatischer Kreislauf), wobei die Fettmoleküle durch unseren sparsamen Körper im Darm wieder durch die Darmwand vom Körper resorbiert werden. Somit wird der Körper das Toxin nicht los. Dieses Toxin setzt ausserdem noch einen Tumor Nekrose Faktor-alpha (TNF-a) frei. Dieser Faktor ist überall vorhanden, wo eine chronische Entzündung läuft, z.B. auch bei einer chronischen Polyarthritis oder bei einer rheumatoiden Arthritis.

Weil das Toxin sich also an Fett bindet, soll man versuchen die Fette auszuscheiden und zwar mittels eines Lipidsenkers: Colestyramin (Colesthexal, Quantalan oder andere - Kostenfrage) mit 2 x 4g zu Beginn und 2 x 8g für die Dauertherapie. (siehe auch andere Kopien).
Laut Professor Hartmann ist der Cholesterinspiegel nicht unbedingt ein Kriterium, obwohl die Hypercholesterinämie in Deutschland alleine schon wegen der Ernährungsgewohnheiten nicht selten ist.

Um weiterhin Zweifel an der Diagnose auszuräumen gibt es in USA den VCS (Visual Contrast Sensivity) Test. Dr. Shoemaker hat entdeckt, dass das die Nerven und das Gehirn schädigende Gift die Sehfähigkeit für Grautöne untergräbt. Er entwickelte eine Karte mit unterschiedlichen dicken Balken in verschiedenen Grautönen für diesen Sehtest, wobei eine Kurve ergibt, ob alles im Normalbereich liegt oder doch pathologisch/positiv ist. Im Internet kann man diesen Test machen mit Kreditkarte.
Prof. Hartmann und sein Kollege, Dr. Müller-Marienberg, waren beide positiv. Prof. Hartmann hat die Colestyramin-Therapie jetzt 4 Wochen gemacht und sein Kollege schon 3 Monate. Sie haben nun den Test wiederholt und waren beide negativ. Die meisten Beschwerden sind auch verschwunden. Alles, wie es Dr. Shoemaker auch beschreibt.

Bei einer chronischen Borreliose kann man also mehrere Therapien wiederholen, aber auch diese Anti-Toxin-Therapie einsetzen. In dem Buch werden viele Fälle besprochen. Manche zeigen schon nach 10 Tagen enorme Besserung. Wenn der Test positiv ist, haben Sie mit Sicherheit eine Borreliose und mit Sicherheit schädigende Effekte an Gehirn und Nerven.

Dr. Shoemaker empfiehlt nach 5-jährigen Erfahrung an mehreren Tausenden Patienten bei einem positiven Test eine erneute Antibiose (oral oder iv) mit einer parallel laufenden Toxin-Entgiftung.
Professor Hartmann empfiehlt Doxycyclin oral 2 x 200mg über 21 Tage. Ab dem 10. Tag beginnen mit den Beuteln Colestyramin, erst 2x 4g und steigern auf 2 x 8g über 3 Monaten. Wegen Verstopfungsgefahr dabei viel trinken. Bei Erstverschlimmerung begleiten mit Actos über 10 Tage

Dann stellt Professor Hartmann sich den Fragen des Publikums:

-Hat Colestyramin Nebenwirkungen(NW)?
H: kaum, viel dazu trinken wegen Verstopfung; evt. etwas Lactulose nehmen. Und es müssen die fettlöslichen Vitamine ADEK ergänzt werden. Die werden mit ausgeschieden.

-Wo kann der Sehtest gemacht werden?
H: Bei mir in Ansbach ; für € 10,-. Wir haben jetzt ein Gerät (siehe Adresse und Tel. Nrn am Schluss-caw). Im Internet geht das via www. chronicneurotoxins.com. Für $49 bekommt man 3 Tests. (Auch Kollegen von Prof. Hartmann beschäftigen sich mit dem Test. Er macht ihn wahrscheinlich auch nicht mehr bei sich zu Hause; deshalb stimmt auch der erwähnte Preis von € 10,- nicht mehr.-caw).

-Kann man das Toxin nicht labormäßig nachweisen?
H: nein, das können wir nicht, das ist zu spezial. Es kann zwar nachgewiesen werden, aber nicht in einem normalen Labor. Er habe vor das an der Fakultät in Würzburg mit einem Toxilogen weiter zu entwickeln.

-Wird der Augentest von der Kasse bezahlt?
H: Nein. Es ist alles ganz neu. Ich schreibe jetzt auch das erste Gutachten bez. LB als Berufskrankheit.
Ich kann Ihnen momentan nur ein Privatrezept ausschreiben.

-Was soll man bei weiteren Medikamenten beachten?
H: Wegen der Interferenz (Wechselwirkung-caw) soll man die wenigstens 1 Stunde (2St.) auseinander legen. Das Colestyramin nicht zur Mahlzeit nehmen.
N.B.: Bei der Einnahme von Ibuprofen ist der Sehtest negativ!!

-Kann man auch andere Fettsenker einsetzen? (Sortis mit Atorvastatin)
H: Nein, das Sortis hat eine andere Wirkungsweise, das blockiert ein Enzym, wobei Cholesterin in der Leber abgebaut wird. Colestyramin wirkt im Darm. Das ist nicht vergleichbar.

-Wie war der Kreislauf mit den Toxinen?
H: Der entero-hepatische Kreislauf: es wird Fett über die Leber in den Darm transportiert; dabei hilft die Galle. Das Toxin dockt an bei den Fettmolekülen und wird aus dem Darm durch die Darmwand rückresorbiert. Gebunden an Colesteryramin geht es nicht mehr durch die Darmwand und wird dann ausgeschieden. Man kann auch dabei abnehmen.

-Ich vertrage Penizillin nicht, was dann? Und muss man das nehmen?
H: Dann nehmen Sie Doxycyclin und Dr. Shoemaker schreibt das so vor, um Rezidive durch eventuell noch vorhandene Borrelien zu vermeiden. Auch nach mehreren Antibiotika-Kuren können immer noch lebende Borrelien übrig sein, die Toxine produzieren. Dr. Shoemaker macht das seit 1997 bei sehr vielen Patienten und hat nach einer Colestyramin-Therapie noch keine großen Rückfälle gesehen.

-Ich habe eine Sonnenallergie und kann das Doxycyclin nicht nehmen.
H: Es gibt noch andere Antibiotika, zB. Amoxicillin.

-Meine Beschwerden sind größtenteils weg, nur die Polyneuropathie an den Füßen tritt alle paar Monate auf.
H: Probieren Sie die Colestyramin-Therapie. Ich will also nicht von "Heilung" sprechen, aber bei 90% tritt eine Besserung ein, es sei denn, es gibt eine andere Ursache. Bei den restlichen 10% liegt wahrscheinlich eine Mischinfektion vor, die entsprechend behandelt werden müsste.

-Ich wurde abwechselnd mit Doxycyclin und Rocephin behandelt und erlebte "nur" 80% Besserung.
Danach machte ich eine "Interval" Therapie mit Doxycyclin; d.h.: 10 Tage 1x400 mg Doxycyclin/T in einer Dosis, dann alle 2-3 Tage 1 x 400mg über 2 Monate mit prima Erfolg und ohne Sonnenprobleme.
H: Es gibt die unterschiedlichsten Therapie-Schemata. u.a. auch die gepulste Therapie mit Claforan. z.B. 12g Claforan an einem Tag in der Woche über 10 Wochen. Es wird auch empfohlen, wenn man Rocephin oder Claforan Kuren macht, zwischendurch mal Doxycyclin zu nehmen. Man muss es halt ausprobieren. Man kann vieles variieren. Ich habe nur den Standard erwähnt.

-Ist es sinnvoll sich noch mal testen zu lassen?
H: Ich halte die weiteren serologischen Maßnahmen wegen Kontrolle nach Therapie oder Krankheitsverlauf für überflüssig. Wenn bei LB Beschwerden einmal der Beweis erbracht ist, dass Sie AK haben, dann reicht das. Die Laborärzte wissen gar nichts von den Toxinen. Es wäre besser, man könne die nachweisen. Die LB-Beschwerden können bestehen bleiben, auch wenn der Titer absinkt. Deshalb ist die Höhe der AK-Titer kein Kriterium um eine LB als Berufskrankheit anzuerkennen oder nicht.

-Wie kann man bei positivem AK-Test unterscheiden, ob leichtere Beschwerden keine "Altersweh-wehchen" sind?
H: Machen Sie den Sehtest, dann wissen Sie Bescheid, das ist die neue Möglichkeit. Auch Kollegen hier beschäftigen sich schon damit.

-Kann Schwankschwindel mit LB zu tu haben?
H: Ja, auch Tinnitus. Wir wollen auch die Einwirkung von Colestyramin bei LB-Tinnitus noch testen. Der Morbus Meunière sollte ausgeschlossen werden.

-Wie kann man nach Heilung Re-Infektion vermeiden? Ich bin Förster. Auch Jägern krabbeln manchmal Massen Zecken über die Arme hinweg.
H: Eventuell bei großem Zeckenbefall durch eine kurzfristige Doxycyclin-Prophylaxe mit 2x200mg; noch besser durch Vermeidung von Zeckenkontakt. Feuchte Gegenden -vor allem morgens oder abends- meiden; helle Kleidung und Gummistiefel tragen, sich mit Repellents einreiben. An trockenere Tageszeiten sind die Zecken weniger aktiv.
Bei wiederholtem Zeckenbefall kann man ja nicht immer Antibiotika nehmen. Dann wird man halt auf Erytheme oder Beschwerden alert sein müssen.

-Wie hoch ist die Gefahr mittels oder dass Haustiere LB zu bekommen?
H: die ist hoch. Hunde bringen immer Zecken mit. Sie können auch sehr krank werden mit LB. Mann kann die Hundeschultern mit Exspot einreiben, dann hat man ein paar Wochen Ruhe.

-Wie ist das mit dem Impfstoff und den unterschiedlichen Borrelien?
H: Es gibt einen Impfstoff in Amerika (für Menschen vom Markt zurückgenommen!-caw), auch für Hunde. Hier gibt es auch einen Impfstoff, nur noch nicht zugelassen. Die Untergruppen der Bb mit unterschiedlicher Symptomatik sind sonst weitgehend irrelevant. Das Toxin bilden alle; das ist das zentrale Problem.

-Wie ist das, wenn man Cortison länger nimmt?
H: da sollte man sich langsam ausschleichen. Der AK-Test ist dann meistens negativ. Den Sehtest können Sie mit Cortison machen.

Frau Schöll dankt Professor Hartmann, fragt um Rückmeldung von Erfahrungen mit der Therapie und wünscht allen einen guten Weg nach Hause.
 
 

Prof. Dr. med Fred Hartmann, Waldheimweg 47, 91522 Ansbach, Tel. 0981 - 64800;
Frau Dr. Petra Hopp-Seidel, Tel. 0981 -14466;
Dr.  Hatto Müller-Marienberg, Tel. 0981 - 86574.



Zusammenfassung Borreliose Beratung Kaarst , mit Genehmigung von Fr. Schöll.
caw - ohne Gewähr - 2-2003.

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